... erstmal nur der Text - die Bilder sind noch in Arbeit

Samoa ist gegründet auf Gott

"Fa'avae i le Atua Samoa" steht im Wappen des Unabhängigen Staates von Samoa - "Samoa ist gegründet auf Gott". Sicher weit mehr, als die ersten Missionare erwarten konnten, ist das Christentum zu einem der tragenden Pfeiler samoanischen Lebens und samoanischer Kultur geworden.

Rund 99% der Bevölkerung Samoas bekennen sich zu einer der vielen christlichen Kirchen und Gemeinschaften des Landes. Ein kleines muslimisches Gebetshaus und der Tempel der Bahai'i-Religion, von vielen auch als eine christliche Gemeinschaft angesehen, sind die einzigen Zeichen anderer Glaubensrichtungen.

Die Verwurzelung Samoas im Christentum zeigt sich auf allen Ebenen des gesellschaftlichen und privaten Lebens. Keine Versammlung irgend einer Art, sei es eine Parlamentssitzung, ein Seminar über häusliche Krankenpflege, ein Sportwettkampf, selbst eine Protestdemonstration gegen die Mehrwertsteuer, beginnt ohne eine kurze Andacht und Segnung. In Leserbriefen, Ansprachen und Debatten werden Bibelworte zur Stützung der eigenen Argumentation heran gezogen und mit anderen Bibelworten erwidert. Denn darin kennt sich jeder aus.

In fast allen Familien wird noch das traditionelle Abendgebet gehalten, gegen 18.30 Uhr ist in den meisten Dörfern strikte Ausgangssperre, wenn die Familien sich in ihren Häusern zu einer kurzen Andacht versammeln. Oftmals gibt es auch, in ähnlicher Form, ein Morgengebet, Das Tischgebet vor dem Essen ist ebenso selbstverständlich.

Die samoanische Religiosität ist von dieser Welt, nicht von der nächsten. Gläubig sind die Samoaner, nicht "fromm", im engeren Sinne des Wortes. Das Paradies ist ein Versprechen der Hoffnung, nicht die ersehnte Erlösung aus einem irdischen Jammertal. Aus welchem auch?

Nicht, dass sich alle Samoaner fühlten, als wären sie hier schon im Paradies, ganz sicher nicht. Dazu gibt es doch zu viele alltägliche Probleme. Aber wenn man sie fragte, wie es wohl aussähe im Paradies, später mal, nach dem Tode, dann würden sie es sicher nicht beschreiben wie Auckland oder New York. Dann doch wohl eher wie Samoa - ohne die Probleme allerdings. Immer gut zu essen, immer Gemeinschaft und Geselligkeit, gutes Wetter sowieso.

Man fühlt sich in Gottes Hand, in jeder Minute des Lebens, geleitet und beschützt, gebunden an die Regeln und Gebote, gestraft, wenn diese übertreten werden. Wenig Spritualität, gar Esoterik, findet sich darin - Gott ist kein abstraktes Prinzip, sondern selbstverständlicher Teil des Lebens. Immer präsent, immer aktiv.

Ich erinnere mich an meinen Neffen, zu Besuch in Deutschland, vier Jahre alt. Er setzte sich in ein sehr wildes Karussell auf dem Jahrmarkt, kopfüber ging es und rasend schnell. Und er machte ein bißchen Platz, neben sich auf dem Sitz. Wofür? "Für Jesus", meinte er. Und weil der mit dabei war, hatte er auch keine Spur von Angst, wirklich nicht. Immer präsent, immer aktiv.

Selbstverständlicher Teil samoanischen Lebens ist daher auch die Gemeinde, vor allem in den Dörfern. Man wird in ihr groß, geht zur Sonntagsschule, in die Gruppen für Jugendliche, in den Chor, als Erwachsener dann in die Komitees. Jeder hat seinen Platz. Der Kirchgang am Sonntag morgen, oft auch nochmals am Nachmittag ist selbstverständlich.

Die Gemeinde ist beileibe nicht identisch mit der Dorfgemeinschaft. Viele Kirchen sind im Dorf, manchmal sechs oder sieben. An die 100 verschiedene christliche Bekenntnisse gibt es in Samoa, große und kleine Gemeinden.

Wohl rund 60 bis 70% der Bevölkerung ist in der EFKS - Ekalesia Fapotopotoga Kerisiano Samoa, auf Englisch CCCS - Christian Congregational Church of Samoa, auf Deutsch etwa Christliche Vereinigungskirche Samoas. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sie oft noch LMS genannt - London Missionary Society. John Williams, der erste Missionar der LMS, landete 1830 in Savaii und begann die Missionierung Samoas. Und seiner Kirche gehören noch heute die meisten Samoaner an.

Die EFKS ist eine protestantische Glaubensgemeinschaft, ebenso wie die meisten anderen Kirchen. Die Katholische Kirche zählt 15 bis 20% der Samoaner zu ihren Gläubigen. Zahlenmäßig auffallend sind weiterhin die Methodisten, Mormonen und Adventisten. Die "Assembly of God" hat sich von Amerikanisch-Samoa aus ebenfalls verbreitet. Die anderen Glaubensgemeinschaften aufzuzählen ist schier unmöglich. Es sind zu viele und sie wechseln oft, teilen sich, vereinigen sich wieder.

Die Europäer im Lande gehören oft der jeweils einzigen anglikanischen oder protestantischen Gemeinde an, beide in Apia. Zahlenmäßig fallen sie nicht ins Gewicht.

Missionierung und Wechsel der Kirchenzugehörigkeit sind relativ häufig, viel häufiger jedenfalls als in Deutschland. Die traditionellen Kirchen beklagen die Abwanderung gerade der jungen Leute zu den kleinen Kirchen. Die Gründe sind offensichtlich - mehr Gemeinschaft, stärkere Bindung, aktivere Beteiligung des Einzelnen.

Obwohl die Kirchen von so großer gesellschaftlicher Bedeutung sind, gibt es eine strikte formelle Trennung von Kirche und Staat. Keine Kirchensteuer, keinen Pflichtunterricht in Religion in den öffentlichen Schulen. Die Kirchenzugehörigkeit ist somit auch keine Frage von Dokumenten. Man ist in der Kirche, zu der man sich bekennt. Das reicht. Und deshalb ist es auch sehr schwierig, die Kirchenzugehörigkeit in Zahlen zu dokumentieren. Niemand weiß es wirklich genau, wie viele Mitglieder seine Kirche hat.

Finanziert werden die Kirchen aus den Beiträgen ihrer Gläubigen. Beim sonntäglichen Kirchgang wird gesammelt; alle Beträge werden mit Namen des Spenders verlesen. Das kann eine erhebliche Belastung für das Familienbudget werden, besonders bei den kleinen Gemeinden. Man strengt sich sehr an, ein schönes repräsentatives Kirchengebäude zu haben, den Pastor reichlich zu füttern, gut zu beherbergen und auszustatten. Etwas scherzhaft hieß es früher, dass man darum wetteifere, die größte Kirche und den dicksten Pastor zu haben. Ganz verkehrt ist das auch heute nicht.

Vor allem die aus den USA kommenden Kirchen, allen voran die Mormonen, bekommen auch Zuschüsse der Mutterkirchen, vor allem zum Bau von Kirchenbauten und Schulen.

Die vielen Kirchengemeinschaften des Landes kommen einigermaßen gut miteinander aus, auch wenn Rivalitäten natürlich nicht ausbleiben. Die tägliche Abendandacht im samoanischen Fernsehen ist eine solche Gemeinschaftaufgabe, sorgsam verteilt auf die verschiedenen Kirchen und die Regionen des Landes. Irgendwann ist jeder mal dran.