... erstmal nur der Text - die Bilder sind noch in Arbeit

Samoaner treffen sich ...

Als wir noch in Deutschland lebten, hatten wir Kontakt zu mehreren Familien dort, in denen wenigstens ein Samoaner oder eine Samoanerin lebten. Kinder waren immer auch noch dabei. Diese Kontakte entstanden meistens eher zufällig, einer erfuhr vom anderen.

Einmal im Jahr, im Sommer, war großes Treffen. Bei uns ging das am Einfachsten, weil wir in Kassel, also in der Mitte Deutschlands wohnten. Und wir hatten ein Haus mit wildem Garten und reichlich Platz drumrum. Die anderen Familien kamen von überall, von Hamburg bis München.

So kamen sie dann alle zum Wochenende - drei bis vier Familien zumeist - zusammen um die zehn Erwachsenen und mindestens noch einmal zehn Kinder. Vorbereitungen? Reichlich Essen und Trinken einkaufen, Matratzen und Bettzeug bereit halten. Fertig.

Bei Ankunft gab es wenig Formalitäten, auch wenn man sich noch gar nicht kannte, was oft genug der Fall war. Alle waren per Du und beim Vornamen, so wie es auch in Samoa üblich ist. Sofort trennten sich drei Gruppen - die Frauen, die Männer und die Kinder.

Letztere begannen sofort ein gemeinsames Spiel, egal welchen Alters sie waren. Die Älteren übernahmen die Führung, widerspruchslos akzeptiert von den Jüngeren. Und die Kleinkinder, sogar die Babys, waren immer dabei. Dies blieb das ganze Wochenende so - wir Erwachsenen konnten die Kinder "vergessen", vom Essen und Duschen mal abgesehen. Ab und zu bildeten sich kurzfristige Untergruppen, nach Alter oder Geschlecht, aber meistens waren alle zusammen - immer noch einschließlich der Kleinsten. Irgend ein älteres Kind hatte immer ein Auge auf sie, irgend ein Kind beschäftigte sich immer mit ihnen. Und: Kein Zank, kein Streit, höchstens mal unter Geschwistern, aber trotzdem reichlich Lärm, natürlich.

Die Frauen versammelten sich in der Küche und bereiteten gemeinsam das Essen vor, unter reichlich Schwatz und Gelächter. Die Männer saßen erst ein wenig beisammen, aber dann wurden auch sie aktiv. Buschmesser, Rasenmäher und anderes Gartengerät wurde gesucht, Rasen und Hecken geschnitten - was immer so anlag.

Alle spielten oder arbeiteten einträchtig zusammen, auch wenn sie sich bis eben noch nie gesehen hatten, Männer wie Frauen, Jungen wie Mädchen. Kein lautes Wort, höchstens lautes Gelächter.

Zum Abend wurden die Kinder geduscht und umgezogen, dann das Abendgebet gehalten. Alle saßen im Kreis auf dem Boden, im Schneidersitz. Obwohl ganz verschiedener christlicher Bekenntnisse - manchmal jede der Familien ein anderes - wurde schnell ein gemeinsames Kirchenlied gefunden, das mehrstimmig gesungen wurde. Der oder die Älteste in der Runde sprach das Gebet, dankte Gott für den Tag und das Zusammensein, erbat den Segen für den Abend, für alle hier und anderswo. Ein zweites Lied zum Schluß.

Dann gemeinsames Essen - Erwachsene für sich, Kinder für sich. Die Babys wurden vorab gefüttert, damit sie nicht störten. Danach verschwanden die Kinder wieder zum Spiel, die Erwachsenen setzten sich gemeinsam zum Schwatz in immer neuen Grüppchen.

Zwischendurch wurde das Nachtlager gerichtet, Betten und Matratzen auf dem Boden - für Frauen und Kinder in einem Raum, für die Männer und älteren Jungen in einem anderen Raum. Die Kinder verschwanden eins nach dem anderen in die Betten - ohne jede Aufforderung und ohne jede Diskussion. Ebenso später die Erwachsenen - wer müde war, ging schlafen, wo gerade noch Platz war.

Irgendwann - wie konnte es anders sein - wurde die Gitarre hervor geholt und gesungen, auch getanzt. Traditionell samoanisch natürlich. Mindestens dreißig bis vierzig Lieder kannte jeder in der Runde, oft Kinderlieder aus der Sonntagsschule, mit viel Gelächter und Nostalgie gesungen.

Spätestens jetzt kamen auch deutsche Nachbarn hinzu, die bislang dem munteren Treiben neugierig bis fasziniert zugesehen hatten. Deutsche Lieder mischten sich hinein, wenngleich es auch erkennbar schwieriger war, mehr als die erste Strophe zusammen zu bekommen. Und manch einer versuchte sich auch im samaonischen Tanz.

So ging es das ganze Wochenende. Irgendwann zogen die Männer gemeinsam los, die Vorräte aufzufüllen, wobei jeder "nach Vermögen" einlegte. Es wurden Spaziergänge und Ausflüge in die nähere Umgebung gemacht. Am Sonntag fuhren dann alle wieder nach Hause und freuten sich auf das nächste Treffen.

Eigentlich nichts Besonderes, werden Sie sagen. Stimmt. Und wieder auch nicht. Denn wirklich nach vollziehen, was da passierte, kann wahrscheinlich nur, wer selbst in einer Großfamilie aufgewachsen ist, gar auf dem Lande. Oder reichlich Erfahrungen in großen Wohngemeinschaften hat, ersatzweise in Camps und anderen Gemeinschaftstreffen.

Denn das Bemerkenswerte daran war nicht, was gemacht wurde, sondern die absolute Selbstverständlichkeit der Gemeinschaft. Wirklich jeder ordnete sich sofort ein, kannte seinen Platz, wußte, was geht und was nicht geht. Nie gab es auch nur den geringsten Streit oder irgend welche Unsicherheit darüber. Obwohl man sich ja eigentlich gar nicht recht kannte. Und auch neue Mitglieder der Runde waren von Anfang an problemlos dabei. Niemand war "Anführer", bestimmte oder gab Anweisungen - trotzdem klappte alles. Und für uns als "Gastgeber" war es absolut stressfrei - wir waren einfach auch nur Teil der Gemeinschaft.

Und eines weiß ich ganz genau: wo immer in der Welt ich Samoanern begegnen werden - es wird ähnlich sein. Und wer dies gelesen hat und schon einmal in Samoa war, der weiß - hier ist es ebenso.

Denn man soll sich nicht täuschen - dahinter steckt eine große Menge an Regeln und Sitten, so locker und zwanglos es auch aussehen mag. Aber wirklich jeder der Beteiligten kennt sie und hält sich auch daran - nur deshalb geht das alles so problemlos. Das Lernen von Gemeinschaft ist für Samoaner ebenso bestimmender Teil der Kindheit wie es das Lernen des Umgangs mit all' den technischen Raffinessen des Haushalts für deutsche Kinder ist.

Genau genommen ist dies aber keine wirklich samoanische Besonderheit. Wer sich ein wenig auskennt in der Welt, der weiß, dass es ein Kennzeichnen bäuerlicher Kulturen ist. Denn wenn sich Afrikaner treffen, beispielsweise, Indonesier oder Thais - untereinander oder auch miteinander - dann klappt das genauso. Ebenso, wie natürlich Treffen von Sportgruppen aus dem ganzen Pazifik hier in Samoa stattfinden und alle sich vertragen, als würden sie sich schon ewig kennen.