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Deutsche(s) in Samoa

damals: Kolonialherren - Kolonialwaren - Kolonialkinder 1
heute: Als Deutscher in Samoa - Was ist geblieben? - Kolonialkinder 2

Überseeische Kolonien waren bereits im 17. Jahrhundert für Holländer, Spanier und Portugiesen eine sehr einträgliche Einnahmequelle. Im 18.Jahrhundert kamen dann noch die Engländer und Franzosen dazu. Diese fünf europäischen Länder teilten die Welt praktisch unter sich auf, mehr oder meistens eher weniger friedlich.

Man stritt sich um die Kolonien, um Plantagenbesitz, Handels- und Marinestützpunkte. Auch die Kriege im fernen Europa führten dazu, daß Europäer und unterworfene Eingeborene in fernen Ländern Kriege führten, die mit ihnen selbst und regionalen Ereignissen nicht das Geringste zu tun hatten.

Deutschland war an alledem zunächst nicht beteiligt, existierte als Nationalstaat, als Deutsches Reich, ja auch erst seit 1870. Und begann sofort, seinen Anspruch auf eine Großmachtrolle durch den Bau einer Flotte und die Gründung eigener Kolonien zu unterstreichen, wo immer es noch ging in der Welt.

In Samoa gab es erkennbare deutsche Handelsinteressen spätestens seit 1850 durch die "Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft" (DHPG) der Hamburger Firma Godeffroy + Söhne. Ihr Vertreter war auch Hamburger Konsul in Samoa und verwaltete diese europäische Niederlassung gemeinsam mit seinem britischen und amerikanischen Amtskollegen.

Nach Gründung des Deutschen Reiches und dem Flottenaufbau erschienen auch die ersten deutschen Kriegsschiffe vor Samoa, beteiligten sich mit daran, den Samoanern beizubringen, daß man mit den Weißen besser keinen Streit anfangen sollte und nachgeben, wenn diese etwas wollten.

Die Amerikaner sicherten sich, per Vertrag mit den örtlichen Matais, eine Flottenbasis in Pago-Pago, die ihnen sowohl einen wichtigen Nachschub- und Versorgungshafen auf der langen Handelsroute zwischen Amerika und Australien garantierte als auch die militärische Präsenz in einer Region, in der sich ansonsten englische, französische und deutsche Interessen zu behaupten suchten. Die Amerikaner hatten aber, im Gegensatz zu den Europäern, kein Interesse an Landnahme und Kolonisierung. Ihnen ging es in erster Linie um sicheren Handel, ansonsten waren sie traditionelle Verbündete der Briten.

Um 1880 erbrannte unter den Samoanern ein heftiger Streit um die Führung im Lande. Traditionell gab es keine zentrale Königsmacht in Samoa und eigentlich haben auch erst die Europäer und Amerikaner den Samoanern ein Bewußtsein dafür vermittelt, ein Volk zu sein, Samoaner zu sein.

Die Kolonialherren versuchten damals geradezu verzweifelt, in Samoa jemanden zu finden, mit dem sie verhandeln und verbindliche Regelungen treffen konnten. Aber den gab es nicht. Jede Familie war autonom, genau genommen, repräsentiert durch die Matais. Zwar konnte das Fono, die Versammlung der Matais eines Dorfes, Regelungen beschließen, die dann auch in den Familien galten. Und das Fono eines Distriktes, gebildet aus Repräsentanten der wichtigsten Familien des Distriktes, auch Regelungen für die einzelnen Dörfer, allerdings hier schon nur sehr begrenzt. Aber das war es dann auch schon. Und - dies waren Räte, Versammlungen, mit teils endlosen Debatten. Niemand Einzelnes hatte "das Sagen" in Samoa , konnte über seine eigene Familie hinaus wirklich etwas bestimmen oder für "die Samoaner" sprechen.

Sehr anstrengend, nicht für die Samoaner, aber für die Kolonialherren. Und so suchten sie sich ehrgeizige Repräsentanten der ältesten und bedeutendesten Familien des Landes, beeinflußten diese mit Geld, Waffen und schönen Worten, nach der Herrschaft im Lande zu streben. König zu werden. Damit die Kolonialherren jemand hatten, an den sie sich halten konnten.

Schnell gab es zwei Fraktionen im Lande, die eine von den Amerikanern und Briten unterstützt und mit Waffen versorgt, die andere von den Deutschen. Und als es zum offenen Kampf zwischen den Streitparteien kam, mischten die Marinesoldaten kräftig mit und die Kanonen der Schiffe auch.

Der Kampf blieb allerdings ohne eindeutigen Sieger. Und die Samoaner hatten irritierenderweise auch gar nicht den Ehrgeiz, die Sache nun zu Ende zu bringen, sondern setzen sich zu den für solche Fälle traditionell üblichen Palavern zusammen. Sehr frustrierend. Für die Weißen.

Also wollten sie ihren Krieg dann doch selber führen, versammelten sechs Kriegschiffe in dem nur einen Quadratkilometer großen Hafenbecken von Apia. Aber in der Nacht vor der Schlacht hatte der Himmel ein Einsehen mit den Samoanern, deren Dörfer bei der Schlacht mit Sicherheit schwer in Mitleidenschaft gezogen worden wären. Ein gewaltiger Wirbelsturm versenkte, beschädigte und versprengte die Schiffe, an eine Schlacht war nicht mehr zu denken. Die Samoaner beteiligten sich an den Rettungsarbeiten, völlig neutral, egal, mit wem man gerade verbündet war.

Das machte Eindruck auf die Weißen und so kamen sie ihrerseits zum Palaver zusammen, beschlossen vertraglich, alles beim alten zu lassen, Samoa zu neutralisieren. es gemeinsam zu nutzen und zu verwalten.

Die Rivalitäten blieben aber bestehen und knapp zehn Jahre später kam es dann zu einem erneuten Waffengang. Der dauerte erfreulicherweise nur einen Tag, ging wieder unentschieden aus und schließlich einigte man sich darauf, von Seiten der Kolonialmächte, dem sinnlosen Treiben ein Ende zu bereiten.

Die Briten wurden anderswo zufrieden gestellt, die Amerikaner bekamen (oder behielten) Tutuila und den Hafen Pago-Pago, die Deutschen den weitaus größeren Rest.

Die Samoaner waren an den Verhandlungen nicht beteiligt. Und der Favorit der Deutschen im Streit um die Königswürde im Lande war dann auch der kampflose Sieger. Sein Kontrahent sah ein, daß er ohne britische und amerikanische Unterstützung keine Chance mehr hatte.

Man krönte den Sieger feierlich zum König, ohne daß einer der Samoaner mangels traditioneller Vorbilder wirklich wußte, was denn ein König eigentlich sei. Das war auch nicht notwendig, denn der neu gekrönte König unterzeichnete als Erstes den Vertrag mit dem deutschen Kaiserreich, der die Oberherrschaft des Kaisers über Samoa beinhaltete. Am 4.3.1900 wurde die deutsche Flagge gehißt.

Der König blieb im Amt, wurde von den Deutschen aber weitgehend ignoriert, durfte allenfalls deren Entscheidungen "seinem Volk" verkünden. Das trug ihm viel Spott ein und er ließ es dann auch sein. Sollten die Deutschen doch selber sagen, was sie beschlossen hatten.

Letztlich war es den Samoanern aber auch weitgehend egal. Sie lebten weiter in ihren Familien und Dörfern, folgten dem Matai und dem Beschluß des Fono. Nie hatten sie einem König dienen, jemandem anderes gehorchen müssen. Also taten sie es auch jetzt nicht.

So blieb auch die deutsche Kolonialmacht weitgehend beschränkt auf Apia und die unmittelbare Nachbarschaft, allenfalls noch die Plantagengebiete außerhalb. Teils war es Widerstand, teils absolutes Nichtverstehen, was die samoanischen Matais dazu bewog, die Beschlüsse und Anordnungen der Kolonialverwaltung nahezu ausnahmlos zu ignorieren. Man kannte so etwas einfach nicht, irgendwelche Anordnungen "von oben", außerhalb des eigenen Dorfes.

Die deutsche Verwaltung stand dieser völlig ungewohnten Ignoranz gegenüber der "Obrigkeit" ziemlich ratlos gegenüber, erkannte jedoch erfreulicherweise, daß es sich hier nicht um Rebellion handelte. Den Samoanern war es wirklich völlig egal, was außerhalb des eigenen Dorfes, allenfalls noch des Distriktes, passierte.

Also führten die Deutschen den "Pulenuu" ein, eine Art Dorfschulze oder Ortsvorsteher, um es dem Dorf zu erklären. Er bekam auch eine gewisse Polizeigewalt, die er allerdings vorsichtshalber meistens nicht nutzte, jedenfalls nicht gegen den Widerspruch der Matais im Fono. Diese wiederum erkannten, daß es durchaus angenehm sein konnte, bestimmte ungeliebte Entscheidungen dem Pulenuu und damit den Fremden zu überlassen. Sollten die sich doch damit herum schlagen.

Und so blieben die deutschen Kolonialherren weitgehend unter sich, beherrschten sich selbst und die anderen ortsansässigen Weißen. Samoaner durften keinen Handel treiben, was sie sowieso nie getan hatten. Und Alkohol bekamen sie auch keinen, was niemandem schadete (außer den Schnapshändlern). Und die Matais waren durchaus einverstanden damit. Abgesehen davon wußten die Samoaner selbst auch, wie man aus verschiedenen Pflanzen, vor allem Zuckerrohr, duch Hinzugabe von Hefe ein alkoholhaltiges Gebräu herangären konnte ("Homebrew"), so eine Art Fruchtwein, um es freundlich zu sagen. Destilliert wurde nicht für den Hausgebrauch.

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