... erstmal vor allem der Text - die Bilder sind noch in Arbeit

Deutsche(s) in Samoa

damals: Kolonialherren - Kolonialwaren - Kolonialkinder 1
heute: Als Deutscher in Samoa - Was ist geblieben? - Kolonialkinder2

Ein Deutscher zu sein, ob als Einwohner des Landes oder als Besucher, bringt einem in Samoa durchaus freundliches Wohlwollen ein. Feindseligkeit wegen der kolonialen Vergangenheit gibt es heute wirklich nicht mehr. Das ist lange her und die Kolonialzeit wird weit stärker als etwas gesehen, was das Verhältnis zu den Neuseeländern betrifft. Immerhin 48 Jahre lang, von 1914 bis 1962, bestand die neuseeländische Verwaltung, da fallen die 14 Jahre deutscher Herrschaft zuvor kaum ins Gewicht.

Außerdem hatten die Neuseeländer, völlig unerfahren in kolonialen Angelegenheiten, auf die Samoaner geschossen, gar einige der wichtigsten Matais in der Mau getötet, der samoanischen Unabhängigkeitsbewegung. Nur ein einziger Zwischenfall dieser Art, über 70 Jahre her, aber jeder Samoaner weiß davon, trägt es in gewisser Weise auch den Neuseeländern noch nach.

Mehr als alle Worte zeigt das Samoanische Museum, ein kleines "Heimatmuseum" im früheren Amtssitz der Gouverneure und damals wie heute Gerichtsgebäude, was die Samoaner heute von der Kolonialzeit halten. Neben vielen Ausstellungstücken aus der reichen samoanischen Tradition und Kultur, gar bestaunten Töpferwaren der ersten Siedler (ca. 1500 v.Chr.), gibt es aus der Kolonialzeit ein paar alte Photos. Und eine ganz kleine Vitrine.

Auf den Photos ist die deutsche Flaggenhissung am 1.1.1900 zu sehen, das "Tivoli", der große Ballsaal, wo die Weißen ihre Feste feierten, ein paar Schulgebäude, alles aus der deutschen Zeit. In der Vitrine liegen ein paar deutsche Orden und eine deutsche Polizeimedaille. Und aus neuseeländischer Zeit ein Paar rostige Handschellen. Das ist alles ...

Nein, die Kolonialzeit war ein kurzes, eher peinliches Zwischenspiel der samoanischen Geschichte. Und wenn, dann doch lieber die Deutschen, die ja auch weit weniger Zeit gehabt hatten, sich unbeliebt zu machen. Sondern ein Grundbuch errichtet und das Standesamt, Brücken gebaut, die heute noch in Gebrauch sind.

Aber viel mehr interessiert es die Samoaner, mit einem Deutschen dem samoanischen Nationalsport nachzugehen, nämlich heraus zu finden, ob man verwandt ist. Denn es gibt durchaus eine ganze Reihe von Familien mit wenigstens einem deutschen Vorfahren, von dem einem dann auch gleich erzählt wird. Müller wäre der Name gewesen, Meyer oder Schulze. Ob man die Familie kenne, da in Deutschland, oder das Dorf, aus dem sie stammte - Hamburg, Stuttgart, Köln oder so ähnlich hieße es. Doch, wirklich, viele Samoaner wissen all' so etwas von ihrem Urgroßvater. Von allen ihren Urgroßvätern und -müttern natürlich, nicht nur den deutschen.

Ansonsten wird man als Deutscher in Samoa genau so behandelt wie alle Weißen, alle "Fremden" (Palagi). Man ist gerne willkommen, auch für längere Zeit, kümmere sich aber bitte tunlichst um die eigenen Angelegenheiten, mische sich nicht in die der Samoaner ein. Erteile "kluge" Ratschläge, gebe besserwisserische Kommentare, was richtig und falsch sei, wie "man es machen müsse". Nein, das haben sie lange genug getan, die Palagi, das sollten sie jetzt lieber lassen. Schließlich sei man ja wieder unabhängig, oder?

Die meisten Palagi bleiben auch von sich aus "unter sich", zeigen sehr wenig Interesse an dem Land, in dem sie leben. Sind 20 Jahre oder länger im Land, sprechen aber nur wenige Worte Samoanisch, haben allenfalls etwas Kontakt zu einigen Afakasi, Halb-Samoanern, samoanischen Familien, die einen eher "weißen" Lebensstil pflegen.

Das sind nicht viele und die meisten Samoaner betrachten dies auch mit Spott und Verachtung. "Fia Palagi" - "Möchtegern-Weißer" ist ein böses Schimpfwort hier. Ziemlich das Gleiche wie "Fia poto" - "Besserwisser", Leute die meinen, sie wüßten es besser als die Matai und die Vorfahren, dünkten sich überlegen dem Faa Samoa, der samoanischen Sitte. Unanständig, so etwas, wenn man ein Samoaner ist.

Nein, trotz aller Bemühungen der Weißen, von den Missionaren bis zu den Kolonialherren, der "Faa Palagi", die westliche Lebensart, ist in Samoa beileibe nicht die "Leitkultur" geworden, vorbildhaft in irgend einer Weise. Der Faa Samoa bleibt Grundlage samoanischer Identität, auch für Samoaner im Ausland.

Sehr fremd in ihren Grundlagen sind sich die europäische und die samoanische Lebens- und Gedankenwelt, viel fremder, als es das freundlich-friedliche Nebeneinander beider Welten in Samoa vermuten läßt. Denn den Samoanern gelingt duchaus, was in Deutschland sehr viel schwieriger zu sein scheint: sich mit Menschen aus anderen Ländern zu vertragen, obwohl man eigentlich sehr verschieden ist.

Übergriffe gegen Ausländer? In Samoa? Gibt es nicht, selbst dann nicht, wenn der Ausländer sich arg daneben benimmt. Samoa beschimpft zum Beispiel. Klar, er wird aufgehalten, schnell fort gebracht auch, bevor ihm etwas passiert - zu seinem eigenen Besten. Aber niemand käme auf die Idee, eine Demonstration gegen Ausländer zu veranstalten, solche Miß- und Übergriffe zu verallgemeinern auf alle Palagi. Nein, dazu sind Samoaner einfach zu zivilisiert.

Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, daß die samaonische Gesellschaft sehr homogen ist und sehr überschaubar, allein schon wegen der geringen Größe des Landes. Etwa ein Prozent der Bevölkerung sind Weiße und die meisten von ihnen leben nicht einmal auf Dauer hier, höchstens für ein paar Jahre. Vielleicht 500 Europäer sind wirklich seßhaft hier, nicht mehr als in der deutschen Kolonialzeit.

Rund 50 Deutsche leben heute dauerhaft in Samoa, fast alle mit samoanischen Ehepartnern. Meistens für sich, auf eigenem Grundstück, nicht in der samoanischen Familie, im samoanischen Dorf. Das würden die Deutschen kaum durchhalten. Einige deutsche Familien sind auch dabei, beide Ehepartner Deutsche, gar noch Kinder.

Der Zusammenhalt der Deutschen untereinander ist eher lose, man weiß voneinander, hält aber zumeist ziemlich Distanz. Ein deutscher "Stammtisch" existiert, jeden Sonntag um 20 Uhr im Hotel Insel Fehmarn, das der samoanischen Familie Kruse gehört. Klar, ein deutscher Ahne, von der Insel Fehmarn. Deutsch spricht keiner von ihnen.

"Wenn ich Deutsche treffen wil, kann ich auch in Deutschland bleiben", ist so im Grundsatz die allgemeine deutsche Meinung dazu. Samoaner finden das sehr befremdlich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Bei anderen Palagi-Nationalitäten ist das auch durchaus anders, den Australiern beispielsweise, den Japanern sowieso. Und den Chinesen, seien sie nun "alt-eingesessen" in Samoa oder gerade gekommen, und sei es nur zu Besuch.

Keine "deutsche Gemeinde" also, wie in manchen anderen Ländern - Australien, den USA, in Südamerika. Oder gar in Namibia. Das liegt sicher an uns Deutschen und unserem wenig entwickelten Nationalstolz. Aber sicher auch an der Tatsache, daß die Neuseeländer 1917 alle Deutschen aus Samoa deportierten. Es gibt also keine entsprechende Tradition mehr, alle Deutschen sind weit nach dem 2.Weltkrieg hier angekommen.

Obwohl - obwohl ... Vor einigen Monaten, Anfang des Jahres 2000, war ja doch noch der Kaiser hier in Samoa. Franz Beckenbauer nämlich, in Vorbereitung der schließlich auch erfolgreichen deutschen Bewerbung um die Fußball-WM 2006. Das brachte dann tatsächlich ein paar Deutsche auf die Beine, angeführt vom hiesigen deutschen Honorarkonsul. Ein vergnüglicher Abend, völlig ohne "Deutschtümelei", sondern bei Bier und leckerem Essen (der Chefkoch des Hotels Kitano Tusitala ist auch ein Deutscher) eine angenehme Unterhaltung über ein Thema, zu dem man als Deutscher in Samoa nun wirklich kaum Gesprächspartner findet: Fußball, gar die deutsche Bundesliga. Und wer wäre da wohl ein besserer Gesprächspartner gewesen als Franz Beckenbauer? Das verbindet uns Deutsche dann doch.

Einfach einwandern nach Samoa kann man als Deutscher nicht. Die Bestimmungen sind ausgesprochen scharf, völlig klar in einem so kleinen Land wie Samoa. Nur ein paar Tausend Palagi mehr wären hier schon wirklich "Überfremdung", ganz anders als in Deutschland, wo man erst bei Millionen aufmerksam werden muß.

Als Besucher kann man natürlich immer kommen, vorausgesetzt man hat ein Rückflugticket und genügend Geld dabei. Die Zeiten, wo schmarotzende deutsche Nichtstuer die schier grenzenlose Gastfreundschaft der Samoaner ausnutzten, sind glücklicherweise vorbei. Man hat aus Erfahrungen gelernt, erkannt, daß die Besucher nicht so zivilisiert waren, wie sie selbst wohl meinten. Denn natürlich hat der Gast in Samoa auch Gastpflichten, nicht nur Gastrechte. Nicht anders als in Deutschland auch oder anderswo in der Welt. Man ist herzlich willkommen, erfährt Gastlichkeit und sehr freundliche Aufnahme, revanchiert sich durch Höflichkeit, Achtung der Sitten und durchaus auch Geschenke und Gegeneinladungen.

Als ausländischer Besucher bekommt man bei der Einreise am Flughafen ein 30-Tage-Besuchervisum. Man kann, unter bestimmten Umständen, eine Verlängerung bekommen, braucht dazu auf jeden Fall aber einen ortsansässigen samoanischen Fürsprecher und Bürgen. Ohne lokalen Kontakt hier kann man ansonsten bei der Samoanischen Botschaft in Brüssel einen Antrag auf ein Visum stellen, vor allem, wenn man hier arbeiten oder studieren will. Die Bearbeitung dauert mehrere Wochen, weil der Antrag nach Samoa geschickt und hier bearbeitet wird.

Daueraufenthalte setzen eine wenigstens gewisse Integration in die samoanische Gesellschaft voraus, die Unterstützung samoanischer Matais vor allem. Das geht eigentlich nur, wenn man selbst in eine samoanische Familie integriert ist. Ein "automatisches" Aufenthaltsrecht ausländischer Ehepartner von Samoanern gibt es nicht! Auch hier wird im Einzelfall entschieden, meistens auch nur befristet der Aufenthalt erlaubt. Oder man bringt ein paar Millionen Euros mit, die man hier anlegt und investiert. Das öffnet viele Türen - aber wo ist das nicht so?

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